„Ja, wenn man so was sehen will, dann darf man nicht sparen, dann muss man Samstag fahren, wenn alle fahren“, sang Mike Krüger schon 1978 in seinem Kalauer-Schlager „Stau mal wieder“. Seit damals hat sich die Zahl der in Deutschland zugelassenen Autos mehr als verdoppelt. Insbesondere zur Ferienzeit verwandeln sich die Verkehrsadern in Standspuren. Um Staus möglichst zu verhindern, kommen modernste Technologien zum Einsatz und liefern Verkehrsdaten in Echtzeit. So können Autofahrer rechtzeitig erkennen, wie der Verkehr auf einzelnen Strecken zunimmt und früh ausweichen. Wie das funktioniert erklären wir hier.
Navis warnen in Echtzeit vor Staus
Eines vorweg: Es existiert bislang noch keine Technologie, die zuverlässig einen Stau vorhersagen kann. Immerhin hat es in den vergangenen Jahren wichtige Fortschritte beim Steuern der Verkehrsströme gegeben: Autofahrer werden heute in Echtzeit von ihren Navigationssystemen vor einem lokalen Verkehrskollaps gewarnt.
Erste Staumelder waren Polizisten
Früher mussten sich Autofahrer noch auf die halbstündlich wiederholten Meldungen im Radio verlassen, die mit einem charakteristischen Jingle-Ton angekündigt wurden. Die Quellen für die Verkehrsnachrichten waren damals überschaubar: Die Daten lieferten die Polizei, die zum Beispiel bei einem Unfall vor Ort war, und der ADAC mit seinen unzähligen Pannenhelfern, den „gelben Engeln“. Dazu kamen Daten von Hubschraubern, die zur Beobachtung eingesetzt wurden.
Schneller durch TMC
Dass diese Verkehrsmeldungen nicht gerade genau waren, liegt auf der Hand. Es galt das Motto: „Wenn im Radio ein Stau gemeldet wird, einfach weiterfahren. Bis man dort ist, hat er sich ohnehin aufgelöst“. Eine Verbesserung brachte das System TMC (Traffic Message Channel), das bis heute im Einsatz ist. Bei TMC werden Verkehrsmeldungen im nichthörbaren Bereich mit dem UKW-Radiosignal übertragen und von Navigationssystemen zu Staumeldungen verarbeitet. Die Meldungen mussten also nicht mehr den Umweg über eine Ansage nehmen. In der Regel werden die Meldungen alle 15 Minuten aktualisiert. Allerdings sind die Quellen immer noch dieselben wie bei den Radiomeldungen.
Automatisierte Datenerfassung mit Sensoren
Eine Weiterentwicklung erfuhr das TMC-System mit dem TMC Pro, das ebenfalls noch genutzt wird. Trotz der Namensgleichheit ist die Technologie eine andere: TMC Pro nutzt die Daten von Sensoren an Brücken, Induktionsschleifen in der Fahrbahn und Tausenden Fahrzeugen, die mit spezieller FCD-Technik (Floating Car Data) zur Datenerfassung ausgerüstet sind. Die von TMC Pro gelieferten Daten sind deutlich aktueller und exakter als beim TMC-System. Später ging TMC Pro in Navteq Traffic auf, das mittlerweile zu Here gehört – ein Kartendienst, der von Daimler, Audi und BMW übernommen wurde.
Verkehrslage in Echtzeit auf dem Navi
Heute werden die Verkehrsinformationen in Echtzeit in das Infotainment-System des Fahrzeugs übertragen, daher rührt auch die englische Bezeichnung „Real Time Traffic“, kurz RTT. Die modernen Staumelder nutzen das Internet und bilden die aktuelle Verkehrssituation auf virtuellen Karten ab. So kommen auch die unterschiedlichen Farbmarkierungen der Straßen etwa bei Google Maps zustande: Grün heißt freie Fahrt, Gelb bedeutet hohes Verkehrsaufkommen und Rot steht für Stau. Dank der stets aktuellen Daten können sich Autofahrer um einen Stau herumlotsen lassen oder eine komplett andere Route wählen. Allerdings kann es natürlich sein, dass auch viele andere Fahrer auf die gewählte Umfahrung ausweichen.
Handydaten als Staumelder
Die Daten für die Echtzeit-Verkehrsmeldungen kommen von den Bewegungsprofilen der Handynutzer (Floating Phone Data) sowie von Autofahrern mit ans Internet angebundenen Navigationsgeräten (Floating Car Data). Auch Lkw-Flotten dienen als „Bewegungsmelder“, dazu kommen die Erfassungssysteme, die auch TMC Pro verwendet. Genutzt wird auch die Sensorik an sogenannten Verkehrsbeeinflussungsanlagen, die den Verkehr mit wechselnden Fahrspurerweiterungen, Überholverboten oder Geschwindigkeitsbeschränkungen bedarfsgerecht regeln.
Nicht nur Staus, auch Gefahren werden gemeldet
Echtzeitdaten zur Verkehrslage haben sich zu einem lukrativen Geschäft entwickelt. Neben den Kartenanbietern verdienen auch die Mobilfunkbetreiber an den Bewegungsprofilen der Handynutzer. Vier große Dienste liefern Echtzeit-Verkehrsdaten: TomTom Traffic (wird von Apple Karten benutzt), Inrix XD Traffic, Google Maps sowie Here, dessen Daten unter anderem der Navi-Hersteller Garmin nutzt. Der nächste Schritt ist schon geplant: Audi, BMW und Daimler wollen zukünftig anonymisierte Daten aus möglichst vielen Quellen und von vernetzten Fahrzeugen sammeln, um daraus Echtzeitkarten zu erstellen, die für das autonome Fahren unerlässlich sind. Mit Hilfe dieser Daten sollen Fahrzeuge frühzeitig Gefahren erkennen. Einen anderen Weg gehen die Anbieter von Smartphone-Apps wie Waze und Here WeGo: Sie setzen auf das Prinzip der Community, die in einer Art Schwarmintelligenz zusammenarbeitet, um möglichst stausichere Routen zu generieren.
Bei Stau Rettungsgasse bilden
Manchmal hilft auch die beste Vorhersage nichts – und plötzlich ist der Stau da. Dann gilt es, einige Regeln zu beachten: Ganz wichtig ist es, bereits bei zähflüssigem Verkehr eine Rettungsgasse zu bilden und Abstand zum vorderen Auto zu halten (stehen die Autos dicht an dicht, lässt sich nicht mehr rangieren), damit gegebenenfalls Pannenfahrzeuge und ärztliche Hilfe zu einem Unfall gelangen können. Muss in einem Notfall das Fahrzeug verlassen werden, gilt es unbedingt eine Warnweste anzuziehen. Die sollte sich stets im Innenraum befinden, nicht im Kofferraum – am besten für jeden Insassen eine.
Auf dem Weg in den Urlaub empfiehlt es sich, neben genug Getränken auch Spiele und Lesestoff für die Kinder an Bord zu haben. Das beschäftigt den Nachwuchs und schont die Nerven der Eltern während eines Staus. Für den Fahrer gilt auch im Stau: Finger vom Handy.
Bild: Volkswagen AG Newsroom