Mit der Einführung des neuen Verkehrsschildes Radschnellweg werden künftig alle Strecken markiert, auf denen sich Radfahrer sowie Nutzer von Elektrokleinstfahrzeugen, z.B. E-Scooter, schnell und effizient fortbewegen können. Ein bundesweites Vorzeigeprojekt ist der Radschnellweg Ruhr, der mit seinen 101 Kilometern Länge viele wichtige Städte im Ruhrgebiet miteinander verbinden wird. Dahinter steckt ein Mobilitätskonzept, das Bund und Länder immer häufiger umsetzen.
In den Staumeldungen ist sie Dauergast: die A40 im Ruhrgebiet. Auf knapp 95 Kilometern führt sie von der niederländischen Grenze über Moers, Duisburg, Mülheim an der Ruhr, Essen und Bochum bis nach Dortmund. Der Alltag auf der A40 ist geprägt von Stau und Baustellen und fordert deshalb hohe Aufmerksamkeit von den Verkehrsteilnehmern. Umso bedeutender werden Alternativen, die den Verkehr entlasten sollen. Ebenfalls aus Beton und Asphalt, aber staufrei ist der Radschnellweg-Ruhr, kurz RS1. Er ist zurzeit 12,5 Kilometer lang und soll bald das gesamte Ruhrgebiet von West nach Ost zwischen Duisburg und Hamm miteinander verbinden.
Bereits heute können Radfahrer in knapp 35 Minuten über den Radschnellweg von Mülheim an der Ruhr nach Essen fahren. Nahe der Autobahn geht es über einen breit asphaltierten Weg, der optimale Bedingungen für zügiges Vorankommen bietet. Zugeparkte Radwege, wechselnder Belag von Asphalt zu Kopfsteinpflaster oder kreuzende Fußgänger und Autos: Solche Unfallrisiken aus dem innerstädtischen Radverkehr werden auf Radschnellwegen durch eine klare Zuteilung des Verkehrsraumes für Radfahrer minimiert. Schließlich sind Radschnellwege für einen schnellen, möglichst störungsfreien Verkehr bestimmt. Für überregionale Strecken bietet sich das besonders an. Der RS1 im Ruhrgebiet wird nach seiner Fertigstellung mit 101 Kilometern der längste Radschnellweg Europas sein.
Was einen Radschnellweg auszeichnet
- Radschnellwege sind in der Regel über 10 Kilometer lang
- Sie haben prognostiziert mindestens 2000 Fahrradfahrten täglich
- Radschnellwege sind in der Regel drei Meter (einspurig) und vier Meter (zweispurig) breit
- Sie sind von anderen Verkehrsmitteln getrennt
- Sie haben sichere und komfortable Kreuzungspunkte bzw. Kreuzungen mit anderen Straßen werden möglichst vermieden
- Fahrradfahrer auf Radschnellwegen haben grundsätzlich Vorfahrt an Kreuzungen und Einmündungen
- Sie haben eine hohe Belagsqualität und eine geringe Steigung
- Radschnellwege werden dauerhaft und verkehrssicher betrieben und unterhalten – einschließlich Winterdienst
Der Radschnellweg Ruhr führt auf einer vier Meter breiten Fahrbahn durch die Metropolregion – somit haben Radfahrer deutlich mehr Platz, als auf gewöhnlichen, innerörtlichen Radwegen. Brücken und Unterführungen trennen den Radschnellweg strikt vom Auto- und Fußgängerverkehr. An Kreuzungspunkten wird Radfahrern zudem die Vorfahrt gewährt wird. So kommen sie sicher und zügig voran.
Das Ruhrgebiet ist mit 5,1 Millionen Einwohnern die sechstgrößte Metropolregion in Europa. Ballungsräume wie diese bieten beste Bedingungen für eine flexible Lebensgestaltung zwischen Arbeit und Wohnen. Der erhöhte Pendelverkehr verleiht Radschnellwegen eine besondere Bedeutung. Daher sind es vor allem die Ballungsräume, in denen die Rad-„Autobahnen“ geplant werden – wie etwa in München, Nürnberg, Köln oder Bremen.
Auch in Berlin, wo ein großer Teil der Bevölkerung an den Rändern oder im Speckgürtel der Stadt wohnt, sind schnelle Radverbindungen von hoher Bedeutung. Zurzeit sind elf Trassen in Planung, die alle Teile der Stadt miteinander verbinden sollen.
In Baden-Württemberg eröffnete im Juni 2019 der erste Radschnellweg zwischen Böblingen/Sindelfingen und Stuttgart. Die Möglichkeiten, den Radschnellweg im Süd-Westen des Landes weiterzubauen, stehen gut: Der Bund und das Land stellen 80 Prozent und mehr als Fördermöglichkeiten zur Verfügung. Angesichts der bereits 162.000 gezählten Radfahrenden in einem Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr ist eine Weiterführung der Trasse entlang der viel befahrenen Pendlerstrecken im Stuttgarter Umland geplant.
Baden-Württemberg ist das Bundesland mit den deutschlandweit meisten aktiven Planungsverfahren. Insgesamt acht Radschnellwege in vier Regionen sollen zwischen Kurpfalz, Schwarzwald, Bodensee und Alb Städte miteinander verbinden. Das BMDV stellt auf seiner Internetseite Informationen zu den Projekten in den jeweiligen Bundesländern zur Verfügung.
So verhalten sich Radfahrer richtig
- Ein Fahrradhelm ist zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben, kann aber schwere Unfallfolgen mindern und somit nachweislich Leben retten. Insbesondere bei zügigen Geschwindigkeiten auf dem Radschnellweg ist das Tragen eines Fahrradhelms daher ratsam.
- S-Pedelecs, also Pedelecs, die den Fahrer bis zu 45 km/h mit dem Elektromotor unterstützen, gelten als Kleinkrafträder und dürfen aufgrund der hohen Geschwindigkeiten nicht auf Radschnellweg fahren.
- Auf Radschnellwegen hingegen erlaubt: Elektrokleinstfahrzeuge (EKF) wie z.B. E-Scooter. Dies geht aus der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) hervor, nach der EKF beschilderte Radverkehrsanlagen benutzen dürfen bzw. müssen.
- Auch auf Radschnellwegen kann zu Stoßzeiten viel Verkehr aufkommen. Die Geschwindigkeiten sind der Verkehrsdichte genauso anzupassen wie dem Wetter.
- Bei Dunkelheit und schlechter Sicht helfen Kleidung und Zubehör mit retroreflektierenden Materialien, um von den anderen Verkehrsteilnehmern besser wahrgenommen zu werden. Ebenfalls muss auf funktionstüchtige Lichtsysteme inklusive Rückstrahler und Reflektoren geachtet werden.
- Alkoholkonsum beeinträchtigt die Koordinations- und Reaktionsfähigkeit und verleitet zu Selbstüberschätzung und riskanten Fahrmanövern. Deshalb sollten Radfahrer immer nüchtern unterwegs sein. Wer auf dem Rad die Promillegrenze überschreitet, riskiert außerdem seine Fahrerlaubnis.
- Wie auf allen Strecken gilt das oberste Gebot der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO): gegenseitige Rücksichtnahme
Die überregionale Planung der Radschnellwege übernimmt das jeweilige Bundesland. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) koordiniert und fördert den Bau von Radschnellwegen. Auch Mittel des Nationalen Radverkehrsplan 2020 (NRVP) fließen in die Projekte, um den Radverkehr insgesamt durch den Ausbau der Infrastruktur noch attraktiver zu machen.
Insgesamt laufen im Bundesgebiet zurzeit 44 Planungsverfahren für Radschnellwege, einige befinden sich bereits im Bau. Alle Projekte, die sich in Planung befinden, ergeben zusammen eine Radschnellweglänge von mehr als 1.000 Kilometern. Bereits heute können Radfahrerinnen und Radfahrer auf knapp 100 Kilometern Radschnellweg im ganzen Land unterwegs sein.
Radschnellwege sind eine optimale Ergänzung zu den bereits jetzt bundesweit bestehenden 18.550 Kilometer Radweg, die entlang von Bundesstraßen verlaufen. Wo für Strecken außerhalb der Stadt meist das Auto genutzt wird, schließen Radschnellwege eine Lücke und ermöglichen umweltbewusstes, zügiges Fahren.
Die Strecke Mülheim/Ruhr nach Essen auf dem RS 1 beträgt 13 Kilometer. Hierfür stößt ein mittelalter Benziner 2,3 kg CO2 aus, bei der Reise mit der Bahn fallen 0,4 kg CO2 an und mit dem Fahrrad sind es 0,0 kg. Die Benutzung von staufreien Radschnellwegen schont also nicht nur die Nerven, sondern auch die Umwelt.
Bildquelle: dpa