Schon jetzt lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Ballungsräumen – bis zum Jahr 2030 werden dort den Vereinten Nationen zufolge fünf Milliarden Menschen leben. In den Städten wachsen dadurch die Herausforderungen. Vor allem im Verkehr. Diesem Trend könnte jedoch ein weiterer Trend etwas entgegensetzen: die Digitalisierung. Internationale Metropolen setzen stärker auf Vernetzung und intelligente Mobilitätskonzepte.
Tokio beginnt
Ob Staus, Baustellen oder Umleitungen: Autofahrer werden in Japan 24 Stunden pro Tag laufend mit aktuellen Verkehrsinformationen versorgt – über das sogenannte „Vehicle Information and Communication System“ (VICS). Die Anwendung soll Fahrzeiten verkürzen und den Treibstoffverbrauch sowie CO2-Emissionen senken. Verkehrsinformationen von Polizei und Straßenbehörden werden in einer Zentrale gesammelt und u.a. an die Navigationsbildschirme der Autofahrer gesendet.
Santander wird „Smartander“
Die dicht bebaute Hafenstadt Santander im Norden Spaniens hat sich in den vergangenen Jahren zum Experimentierfeld für Smart-City-Technologien entwickelt. Im Rahmen des Projekts „SmartSantander“ steuert ein zentrales System mithilfe von mehr als 20.000 Sensoren Bereiche des öffentlichen Lebens. So leuchten unter anderem Straßenlaternen nur, wenn Autos oder Fußgänger in der Nähe sind.
Verkehrsinformationen werden Autofahrern darüber hinaus in Echtzeit übermittelt, elektromagnetische Sensoren erfassen freie Parkplätze und informieren Pkw-Fahrer etwa per LED-Anzeigetafel, ob es sich lohnt in eine bestimmte Straße hineinzufahren. Das spart nicht nur Zeit und Geld. Das senkt auch die Emissionen und verringert durch weniger unnötigen Verkehr auch das Unfallrisiko.
Eindhoven vernetzt alles
Mit europäischen Fördermitteln wird die Stadt Eindhoven in ein smartes und nachhaltiges Wohnviertel verwandelt. Im Rahmen des sogenannten Triangulum-Projekts werden Straßenbeleuchtung, öffentlicher Nahverkehr und Elektroautos eines Carsharing-Systems mithilfe von Sensoren bedarfsgerecht und energieeffizient eingesetzt.
Luxemburg ist „App to date“
Im Nachbarland Deutschlands werden Verkehrsteilnehmern die Augen geöffnet. Wenn sie etwa aktuelle Fahrplaninformationen eines Linienbusses abrufen wollen, müssen Nutzer der App „VdL-AR“ nichts weiter tun, als ihr Smartphone auf die nächste Bushaltestelle richten. Ohne weitere Eingabe erkennt die App den Standort und informiert über Abfahrtszeiten. Das dahinter stehende Konzept basiert auf Augmented Reality – also auf der digitalen Erweiterung der Realität. Auch das Buchen von Fahrscheinen ist möglich. Darüber hinaus eignet sich „VdL-AR“ zum Sightseeing in der Stadt: Über zahlreiche historische Gebäude holt die App auf Wunsch wissenswerte Informationen auf den Bildschirm.
„Applenkung“ ist die Kehrseite der Digitalisierung
Smartphone-Anwendungen zählen zu den wichtigsten digitalen Innovationen der vergangenen Jahre. Obwohl sie vielen Menschen den Verkehrsalltag erleichtern, dürfen Pkw-Fahrer, Radfahrer und Fußgänger nicht vergessen, dass Handys und Smartphones im Straßenverkehr auch eine Gefahr darstellen. Schon ein kurzer Blick eines Autofahrers (eine Sekunde) auf das Smartphone bei Tempo 50 bedeutet knapp 14 Meter Blindfahrt. Dass viele Menschen im Verkehr unkonzentriert sind und fatale Folgen damit verbunden sind, belegt eine Studie der Allianz. Demnach geht jeder zehnte Verkehrstote auf Ablenkung zurück. Eine der häufigsten Ursachen ist die Nutzung eines Handys oder Smartphones. Laut § 23 der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) ist das am Steuer verboten, wenn man das Gerät dafür in die Hand nehmen muss. Denn ein elektronisches Gerät darf nur nutzen, wer es weder aufnehmen noch halten muss. Eine Sprachsteuerung sowie Vorlesefunktion dürfen genutzt werden, zudem darf zur Bedienung des Geräts nur „eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen“ erfolgen. Wer dagegen verstößt, muss mindestens mit einem Bußgeld von 100 Euro und einem Punkt im Fahreignungsregister (FAER) rechnen.
Tallinn und Tartu
Seit knapp zwei Jahrzehnten treibt Estland die Digitalisierung voran. Bei Smart-City-Lösungen will der baltische Staat bis 2020 zum weltweit führenden Entwickler avancieren. Dabei tun sich vor allem die Metropolen Tallinn und Tartu hervor: Neben smarten Parksystemen gibt es führerlose Fahrzeuge. So ist der autonome Minibus des Herstellers Easymile im Verkehr unterwegs – und nimmt Personen kostenlos mit. Noch handelt es sich um ein Pilotprojekt. Doch klar ist: Der Test ist ein bedeutender Schritt auf dem Weg zum autonomen Fahren.
Deutschlands intelligente Städte
Digitale Technologien erleichtern den Alltag – auch im Straßenverkehr in Deutschland. In der Hoffnung auf effizientere Mobilität, mehr Sicherheit und weniger Umweltbelastung setzen auch hierzulande Großstädte immer stärker auf die Digitalisierung des Verkehrs. Diese deutschen Metropolen stechen heraus.
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