10. Februar 2025

Schülerlotsen: im Einsatz für einen sicheren Schulweg

Schülerlotsen sichern den Schulweg vieler Kinder ab. Warum sie einen wichtigen Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten.

3 Minuten

Detlef Meese (70) hat über zehn Jahre lang ehrenamtlich Schülerlotsinnen und -lotsen bei der Verkehrswacht Hannover-Stadt ausgebildet. Im Interview gibt der ehemalige Polizist Einblicke in ihren Alltag und erklärt, warum Elterntaxis Kindern schaden.

Herr Meese, welche Erfahrungen machen die Schülerinnen und Schüler in ihrer Zeit als Lotsen?

Das Verhalten im Straßenverkehr ist aggressiver geworden. Die Schülerlotsen erleben schon mal, dass sie tatsächlich angehupt oder „angemotzt“ werden: „Jetzt macht die Straße frei“. Das kommt zum Glück aber eher selten vor. Meistens werden die Schülerinnen und Schüler positiv aufgenommen. Dadurch, dass immer ein Erwachsener dabei ist, ist es für die Kinder oder für die Jugendlichen nicht problematisch. Sie wissen, da ist jemand, der sie jederzeit unterstützt.

In den vergangenen Jahren gab es viele Debatten über Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto vor der Schule absetzen. Wie stehen Sie zu Elterntaxis?

Das ist ein Riesenproblem und teilweise irre. Man stößt auf viel Unverständnis aufseiten der Eltern. Diese Erfahrung habe ich auch als Polizeibeamter gemacht. Ich habe damals eine Schule betreut, vor der es ein Halteverbot gibt. Auch der Lehrerparkplatz sollte nicht zugeparkt werden. Viele haben sich nicht daran gehalten und es wurde chaotisch. Auch die extra eingerichteten Zonen, in denen die Eltern ihre Kinder absetzen konnten, wurden von vielen ignoriert. Da habe ich ab und zu Eltern angesprochen und vorgeschlagen, die Kinder 50 Meter weiter, außerhalb der Halteverbotszone, aus dem Auto zu lassen. Daraufhin bin ich sehr beschimpft worden. Einsicht über ihr Fehlverhalten war leider sehr oft nicht vorhanden.

Welche Tipps geben Sie den Schülerlotsinnen und -lotsen, damit sie in solchen Situationen gut reagieren?

Ich bringe ihnen bei, sich zurückzuhalten. Ich sage klar: Lasst euch nicht provozieren und nicht auf Diskussionen ein. Wendet euch direkt an eure Lehrerin oder euren Lehrer, notiert euch das Kennzeichen oder macht eine Personenbeschreibung, wenn ihr könnt. Das geht dann an die Schulleitung und an die Polizei.

Sie haben gerade von der Polizei gesprochen. Inwieweit haben sich Polizei und Verkehrswacht bei der Ausbildung der Schülerlotsinnen und -lotsen gegenseitig unterstützt?

Die theoretische Ausbildung der Schülerlotsen habe ich ehrenamtlich über die Verkehrswacht Hannover-Stadt übernommen. Um die Praxis haben sich die Kollegen von der Polizei gekümmert. Dort gibt es so genannte Verkehrssicherheitsberater, die jetzt in meinem Ruhestand allein die Ausbildung der Schülerlotsen übernehmen. Die Polizistinnen und Polizisten kommen regelmäßig in die Schulen und schauen, wie es läuft.

An den jeweiligen Schulen gibt es zudem verantwortliche Lehrerinnen und Lehrer, die sich um organisatorische Dinge wie Einsatzplan, Ausrüstung und den Kontakt zur Polizei kümmern. Außerdem unterstützen und begleiten sie die Schülerlotsen und Schülerlotsinnen und Schülerlotsen bei ihrem Dienst auf der Straße.

Was beinhaltet die Ausbildung konkret?

Die Ausbildung zum Schülerlotsen dauert in Niedersachsen zwei Vormittage und umfasst Theorie und Praxis. In zwölf Unterrichtseinheiten lernen die Schülerinnen und Schüler unter anderem die Verkehrsregeln, den Umgang mit den verschiedenen Verkehrsmitteln und wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten sollen. Dazu gehören zum Beispiel die wichtigsten Verkehrszeichen. Ich vermittle ihnen ein gewisses Grundwissen über die Straßenverkehrsordnung, damit sie sich sicher im Straßenverkehr bewegen können. Die Schüler bekommen auch ein Heft, in dem sie noch einmal alles nachlesen können. Am Ende der Theorie müssen sie einen Prüfungsbogen ausfüllen.

Welche Grundsätze vermitteln Sie den Schülerinnen und Schülern?

Sie müssen zum Beispiel lernen, dass sie nicht regelnd in den Verkehr eingreifen dürfen. Das darf nur die Polizei. Wichtig ist, dass sie genügend Lücken lassen, wenn Fahrzeuge kommen. Dazu müssen sie den Anhalteweg verschiedener Fahrzeuge richtig einschätzen können, um gefährliche Situationen zu vermeiden. Also nicht immer alles für einen Fußgänger absperren. Das könnte andere Verkehrsteilnehmer verärgern. Die Polizei zeigt ihnen auch, wie sie sich richtig am Überweg positionieren, auf die Straße stellen oder diese wieder freigeben.

Ab wann kann man Schülerlotsin oder -lotse werden?

Ab dem 13. Lebensjahr und dem Besuch der 7. Klasse können sich Kinder zu Schülerlotsinnen und -lotsen ausbilden lassen. In Brandenburg ist dies bereits ab dem 11. Lebensjahr möglich, in Berlin ab der 5. Klasse. Allerdings müssen die Erziehungsberechtigten vorher informiert werden und ihr Einverständnis geben.

Weitere Informationen hier.

Was hilft den Schülerinnen und Schülern, den Anhalteweg abzuschätzen?

Ein Schild oder ein anderer markanter Punkt ist als Orientierungspunkt immer hilfreich. Nähert sich ein Fahrzeug diesem, können sie gefahrlos die Straße betreten, sich breitmachen und signalisieren, dass jemand die Straße überqueren möchte. Hat ein Fahrzeug diese Stelle bereits passiert, sollten sie nicht auf die Straße gehen und die Fußgänger zurückhalten.

„Schüler aus der Stadt haben weniger Probleme mit dem Verkehr.“

Warum engagieren sich die Schülerinnen und Schüler ehrenamtlich als Lotsinnen und Lotsen?

Das ist sehr unterschiedlich. Manche wollen sich für ihre Mitschülerinnen und Mitschüler einsetzen, zum Beispiel dafür, dass Jüngere sicher zur Schule kommen und den Überweg richtig benutzen. Andere wollen die Verkehrsregeln lernen und anderen beibringen. Ein weiterer Grund ist ein positiver Zeugniseintrag für das gezeigte soziale Engagement. Außerdem trägt dieser Dienst zu einem guten Image der Schule bei.

Was wünschen Sie sich für einen sicheren Schulweg und für den Straßenverkehr allgemein?

Ich wünsche mir mehr Rücksichtnahme, mehr Miteinander und weniger Aggressivität. Beim Thema Elterntaxi erhoffe ich mir mehr Einsicht. Es ist wichtig, dass die Schüler ihren Schulweg selbst gehen und nicht „überbehütet“ direkt vor die Schule gefahren werden. Wie sollen sie etwas über den Verkehr lernen, wenn sie immer zur Schule gebracht und abgeholt werden? Das zeigt auch die Erfahrung. Schülerinnen und Schüler, die zum Beispiel in der Stadt aufwachsen, haben weniger Probleme mit dem Verkehr als Kinder vom Land. Da ist die Verkehrssituation anders. Das macht einen großen Unterschied.

Bilder: Deutsche Verkehrswacht e. V., Detlef Meese