Es gibt sie noch – die Notrufsäule. Rund 17.000 Exemplare stehen derzeit an deutschen Autobahnen. Doch hat die Verbreitung des Handys dafür gesorgt, dass sich die Zahl der abgesetzten Notrufe über die Säulen seit 2013 auf 52.400 mehr als halbiert hat (Stand 2018).
Die Koffer sind verladen, die Familie sitzt im Auto. Die Urlaubsreise geht los. Doch dann passiert es: Mitten auf der Autobahn kommt es zu einer Panne. Oder schlimmer noch: zu einem Unfall. Oberstes Gebot ist: Ruhe bewahren – auch wenn es schwerfällt. Panik oder unüberlegtes Handeln kann fatale Folgen haben.
An das Warndreieck denken
Zunächst sollten Autofahrer – wenn möglich – den Wagen auf den Seitenstreifen manövrieren. Vor dem Aussteigen unbedingt die Warnweste anlegen. Diese muss verpflichtend in jedem Auto mitgeführt werden. Anschließend sichern Pkw-Fahrer ihren Wagen beziehungsweise die Unfallstelle, indem sie das Fahrzeug so nah wie möglich an der Leitplanke abstellen und das Warndreieck in 150 bis 400 Metern Entfernung aufstellen.
Danach gilt es, Hilfe anzufordern. Autofahrer haben zwei Möglichkeiten: Mit dem Handy die europaweite Notrufnummer 112 wählen oder zur nächsten Notrufsäule gehen. Die letzte Option kommt vor allem dann infrage, wenn Betroffene im Funkloch stecken, sie nur ein ungeladenes oder gar kein Mobiltelefon dabei haben oder ihren genauen Standpunkt nicht kennen. Dazu geht man dann auf dem Standstreifen oder – nach Möglichkeit – hinter der Leitplanke zur nächsten Notrufsäule. Wo sich diese befindet? Ein kleiner schwarzer Pfeil am oberen Teil der Leitpfosten am Straßenrand weist die Richtung zur nächstgelegenen Notrufsäule. Die Säulen stehen in einem Abstand von zwei Kilometern.
4,5 Notrufe wurden 2015 durchschnittlich pro Autobahnkilometer abgesetzt.
Auf keinen Fall sollten Autofahrer ein anderes Fahrzeug anhalten oder gar die Autobahn überqueren, weil dort etwa eine Säule steht. Das wäre lebensgefährlich.
Es gibt zwei Arten von Modellen. Bei älteren Säulen muss man nur einen Deckel hochklappen. Dadurch wird automatisch ein Anruf ausgelöst. Bei den neueren Versionen ist zwischen zwei Knöpfen zu wählen – einem roten mit weißem Kreuz, der im Falle eines Unfalls zu bedienen ist und einem gelben, auf dem ein Werkzeug abgebildet ist. Dieser ist für die Pannenhilfe.
Der Anruf geht bei einem der 170 Mitarbeiter in der Notrufzentrale der Dienstleistungsgesellschaft des Versicherungsgesamtverbandes (GDV) in Hamburg ein. Die GDV bearbeitet Notrufe seit 1999. Der genaue Standort der Säule und deren Nummer werden dabei automatisch weitergeleitet. In den Notrufgesprächen fragen Mitarbeiter unterschiedliche Informationen ab: darunter Name, Autokennzeichen und Pannenursache. Im Anschluss organisieren sie Hilfe durch eine nahegelegene Werkstatt, einen Pannendienst oder über den Schutzbrief einer Versicherung. Bei Verkehrsunfällen oder anderen Notsituationen wird umgehend eine Konferenzschaltung zur Polizei- oder Rettungsleitstelle hergestellt.
Wissen Sie was zu tun ist, wenn Sie an einen Unfallort kommen? Nein? Keine Sorge! Merken Sie sich einfach: „Schützen, Melden, Helfen“. Was genau das heißt, erklärt dieser Animationsfilm.
Neue Konkurrenz
Die Karriere der Notrufsäule begann 1938 zunächst als Kommunikationsmittel zwischen den Autobahnmeistereien und dem Streckenpersonal der Autobahnen. Sie diente hauptsächlich als Betriebstelefon, konnte jedoch für Notrufe eingesetzt werden. Ab den 1960er-Jahren diente die Notrufsäule schließlich dem jetzigen Zweck.
Die Notrufsäule ist durchaus noch gefragt. Aber: Sie könnte Konkurrenz bekommen. Die digitale Entwicklung erreicht im nächsten Jahr ein neues Level. Ab 2018 soll das Auto selbst die Alarmierung der Rettungsdienste übernehmen. Europaweit wird der sogenannte „emergency call“ (eCall) eingeführt. Wie das System funktioniert? Sensoren im Auto reagieren auf äußere Einflüsse und dementsprechend auch auf einen Unfall. Sollte der Aufprall schwerwiegend sein, stellt das E-Call-System sofort eine Verbindung mit der zuständigen Rettungsdienstleitstelle her. Dieses System muss ab 2018 verpflichtend in alle neuen Fahrzeuge eingebaut werden. „eCall“ macht Notrufsäulen jedoch nicht überflüssig. Bei Pannen können Autofahrer auch in Zukunft darauf zurückgreifen – vor allem wenn Funklöcher das Smartphone auf der Autobahn ausbremsen.